LICHT AN!

Das Licht zählt zu den allergrößten Wundern unseres Universums. Dabei ist uns meistens gar nicht bewusst, wie sehr uns das Licht seinen Stempel aufdrückt. Denn dieser Leuchtstoff begegnet uns ein Leben lang. Wenn ein Neugeborenes das Licht der Welt erblickt, dann ist das für den Frischling zwar die absolute Premiere, für unser Universum hingegen eine 14 Milliarden Jahre alte Geschichte. Quasi mit dem Urknall war da oben das Licht schon an. Und ohne diese krasse Hintergrundbeleuchtung gäbe es nur Leere. Keine Sterne, keine Sonne, keine Erde, keine Menschen.

Wie funktioniert das mit dem Licht überhaupt? Pythagoras war rund 500 v. Chr. davon überzeugt, dass das menschliche Auge heiße Sehstrahlen aussendet, die von anderen Objekten wieder zurückgedrängt werden. Heute wissen wir, dass Licht aus Wellen und Teilchen besteht – und knapp 300.000 Kilometer pro Sekunde schnell ist. Licht ist eine Form von Energie, die sich von einer Quelle ausgehend über verschieden lange, elektromagnetische Wellen im Raum ausbreitet. Deshalb erscheinen uns Objekte in unterschiedlichen Farben. Dabei sehen wir die Dinge nicht immer so, wie sie wirklich sind.

Was wir sehen, hängt von verschiedenen Faktoren ab: 1. von der spektralen Zusammensetzung des auf einen Gegenstand treffenden Lichts, also beispielsweise wie viele Rotelemente dieses Licht enthält, 2. wie die Gegenstände das Licht reflektieren und 3. wie unser Auge diese Eindrücke aufgrund unserer Erfahrung verarbeitet. Das bedeutet (Achtung Lebensweisheit): Was da scheint, ist nicht unbedingt so, wie es scheint. Fakt ist dagegen: Das Licht spielt häufig eine Hauptrolle. Ob es um die ganz großen Sinnfragen geht oder um künstlerische Ausdrucksformen. Es steht meistens für Weisheit und Erkenntnis, ist die Quelle für Spezialeffekte, Perspektivwechsel und Täuschungen.

Nicht nur in unserem Sprachgebrauch, sondern in allen Kulturen hinterlässt das Phänomen seine Leuchtspuren. Auch in der Mystik scheint das Licht mal heller, mal dunkler. Manchmal geht es runter in düstere Abgründe oder hoch zu spirituellen Erfahrungen, deren Gipfel die Erleuchtung ist – als die allumfassende Erkenntnis schlechthin. Inzwischen weiß man, dass Licht auch unseren biologischen Takt vorgibt. Ganz gleich, ob wir schlecht drauf sind oder Bäume ausreißen könnten: Das Licht zeigt uns permanent, wo es langgeht. Denn als Teil des genetischen Erbes organisiert unsere innere Uhr die Zeit in Prozessen ständiger Wiederkehr. Sie beeinflusst unsere Atmung, den Herzschlag, den Blutdruck und wirkt sich auf unsere Stimmung aus.

Gerät aber unsere lichtgesteuerte Uhr aus dem Takt, können wir krank werden. Weil uns zu wenig natürliches Licht zur Verfügung steht – oder Dinge fehlen, die unsere Stimmung aufhellen. Licht kann vor allem glücklich machen. Ob das der Sonne, ein Feuerschein oder in Form von Lichtblicken, ob an der Ostsee oder auf Bali. Allerdings, und hier folgt eine letzte Binsenweisheit, wissen wir: Dort, wo Licht ist, existiert auch Schatten. Das eine ist nicht vorstellbar ohne das andere. So verschlucken Schwarze Löcher zwar das Licht, bringen dadurch aber erst ihre Umgebung zum Leuchten. Auch wir – als denkende und fühlende Menschen – können über unser Bewusstsein die Dinge ins rechte Licht rücken. Oder sie eben im Dunkeln schmoren lassen. Nicht zuletzt wird sowohl unsere Ausstrahlung als auch die menschliche Seele mit Licht in Verbindung gebracht. Schließlich berichten Menschen mit Todesgrenzerfahrung von unfassbaren Lichtszenarien dort drüben in der Zwischenwelt. Kein Wunder also, dass Goethe angesichts seines Todes gerufen haben soll: „Mehr Licht!“

September 2020, weltraum, Grafik/Layout: Kerstin Krempel

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